Hinweis auf die unveränderte Praxis des DPMA nach der Entscheidung des EuGH, C-307/10 – IP Translator

Mit Urteil vom 19. Juni 2012, C-307/10 – IP Translator – hat sich der EuGH zu den Anforderungen an die Verzeichnisse der Waren und Dienstleistungen und deren Schutzumfang geäußert. In den Antworten 1. und 2. auf die Vorlagefragen bestätigt der EuGH die bisher durch das DPMA zugrundegelegten Prämissen der Klarheit und Eindeutigkeit des Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen, damit die zuständigen Behörden die beanspruchten Waren/Dienstleistungen klar erkennen können (Rn. 47) und die Wirtschaftsteilnehmer klar und eindeutig in Erfahrung bringen können, welche Eintragungen oder Anmeldungen ihre Wettbewerber veranlasst haben und so einschlägige Informationen über deren Rechte erlangen können (Rn. 48). Ebenfalls entsprechend ständiger Praxis des DPMA sollen diesem Erfordernis der Klarheit und Eindeutigkeit einige Oberbegriffe der Klassenüberschriften genügen, andere hingegen nicht (Rn. 54). Weiter soll es nach der dritten Antwort möglich sein, im Fall der Beanspruchung aller Oberbegriffe einer Klassenüberschrift die Anmeldung mit einer zusätzlichen Erklärung auf alle Waren/Dienstleistungen der alphabetischen Liste dieser Klasse zu beziehen (Rn. 61).

Praxis des DPMA des DPMA bleibt unverändert

Das DPMA sieht im Interesse der Gewährleistung der vom EuGH mehrfach betonten und vorrangigen Prämisse der Eindeutigkeit und Klarheit der beanspruchten Waren/Dienstleistungen derzeit keine Grundlage für zusätzliche Erklärung des Anmelders dahingehend, dass sich eine alle Begriffe der Überschrift einer Klasse beanspruchende Markenanmeldung auf sämtliche Waren/Dienstleistungen der alphabetischen Liste dieser Klasse bezieht. Eine solche Klarstellung könnte nämlich unter Umständen zu einer (unzulässigen) Erweiterung des Schutzumfangs auf von der Summe der Oberbegriffe nicht umfasste Waren/Dienstleistungen führen, was mit den Anforderungen der Rechtssicherheit unvereinbar wäre. Zudem würde ein derart pauschaler Verweis auf eine aus dem Register nicht erkennbare und im Verlauf der Schutzdauer variable Liste von Begriffen es dem interessierten Publikum nicht erlauben, den Schutzumfang einer eingetragenen Marke zuverlässig zu bestimmen. Das DPMA wird daher in seiner Verantwortung als zuständige nationale Behörde im Einzelfall in einer allein auf den Wortlaut abstellenden Betrachtungsweise beurteilen, ob die gewählten Begriffe einzeln bzw. in ihrer Summe aller Oberbegriffe einer Klassenüberschrift den Erfordernissen der Klarheit und Eindeutigkeit genügen.

Was bedeutet das für den Anmelder einer deutschen Marke konkret?

Für den Anmelder einer deutschen Marke ergibt sich keine Veränderung gegenüber der bisherigen Praxis: Dies bedeutet, dass der Anmelder die gewünschten Waren/Dienstleistungen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben klar und eindeutig benennen muss und dabei grundsätzlich auf allgemeine oder konkrete Begriffe zurückgreifen kann, wobei beides Vor- und Nachteile birgt. Anmelder, die Waren/Dienstleistungen einer Klasse beanspruchen wollen, die nach dem allgemeinen Sprachgebrauch begrifflich nicht durch die Summe der Oberbegriffe in deren Klassenüberschrift erfasst sind, sind daher nach wie vor angehalten, diese klar und eindeutig zu benennen.

Für Anmelder, die einen umfassenden Schutz für alle Waren- oder Dienstleistungen einer Klasse durch die Nennung von wenigen Oberbegriffen beanspruchen wollen, wird derzeit auf internationaler Ebene eine Lösung entwickelt, die Anfang des Jahres 2013 zur Verfügung gestellt werden soll.

Quelle: DPMA

DPMA:

Markenanmeldungen vom 01. Januar 2012 bis 30. Juni 2012: 30.824

Vorjahr: 33.025

Veränderung: -6,6%

 

HABM:

Markenanmeldungen vom 01. Januar 2012 bis 30. Juni 2012: 46.859

Vorjahr: 45.329

Veränderung: +3,3%

Quelle: MarkenBlog

Die aktuelle Ausgabe der Alicante News ist erschienen und auf der Webseite des Harmonisierungsamtes abrufbar.

Quelle: HABM

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Das Bundespatentgericht hat seinen Jahresbericht 2011 veröffentlicht.
Interessant ist die Rechtssprechungsübersicht im Markenrecht ab Seite 54.

Kolumbien ist als 87. Staat dem Madrider Markensystem beigetreten. Das Abkommen wird in den südamerikanischen Land am 29. August in Kraft treten.

Quelle: WIPO

Die aktuelle Ausgabe der Alicante News ist erschienen und auf der Webseite des Harmonisierungsamtes abrufbar.

Quelle: HABM

Mitteilung Nr. 11/12

der Präsidentin des Deutschen Patent- und Markenamts über die Verwendung der Klassenüberschriften der Nizzaer Klassifikation für die Eintragung von Marken, Urteil des EuGH vom 19. Juni 2012, C-307/10, IP-Translator

Vom 29. Juni 2012

Das DPMA begrüßt die Entscheidung des EuGH im Rechtsstreit IP Translator vom 19. Juni 2012, durch die der Gerichtshof klarstellt, dass die Waren oder Dienstleistungen, für die Markenschutz beantragt wird, vom Anmelder so klar und eindeutig anzugeben sind, dass die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer allein auf dieser Grundlage den Umfang des Markenschutzes bestimmen können (Rdnr. 64).

Dieser Grundsatz wurde auch bisher schon vom DPMA beachtet und dementsprechend – auch im Falle der Verwendung von Klassenüberschriften durch die Markenanmelder – auf eine eindeutige Formulierung der Waren und Dienstleistungen hingewirkt.

Der Gerichtshof führt dementsprechend aus, dass eine Marke durch ihre Eintragung in ein öffentliches Register sowohl den zuständigen Behörden als auch der Öffentlichkeit, insbesondere den Wirtschaftsteilnehmern, zugänglich gemacht werden soll. Daher müssen zum einen die zuständigen Behörden hinreichend klar und eindeutig die von einer Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen erkennen können, damit sie in der Lage sind, ihren Verpflichtungen in Bezug auf die Vorprüfung der Markenanmeldungen sowie auf die Veröffentlichung und den Fortbestand eines zweckdienlichen und genauen Markenregisters nachzukommen. Zum anderen müssen aber auch die Wirtschaftsteilnehmer in der Lage sein, klar und eindeutig in Erfahrung zu bringen, welche Eintragungen oder Anmeldungen ihre gegenwärtigen oder potenziellen Wettbewerber veranlasst haben, um auf diese Weise einschlägige Informationen über die Rechte Dritter zu erlangen (Rdnr. 46-48). Der Gerichtshof erkennt in Übereinstimmung mit der diesbezüglichen Praxis des DPMA an, dass es Sache der zuständigen Behörden sei, im Einzelfall nach Maßgabe der Waren oder Dienstleistungen, für die der Anmelder den Markenschutz beantragt, zu beurteilen, ob diese Angaben den Erfordernissen der Klarheit und der Eindeutigkeit genügen (Nr. 55).
Folgerichtig betont der Gerichtshof, dass die Verwendung der Oberbegriffe der Nizzaer Klassifikation zur Angabe der Waren und Dienstleistungen, für die der Schutz beantragt wird, zulässig ist, sofern diese Angabe hinreichend klar und eindeutig ist.

Wie die weitere Aussage des EuGH, bei Verwendung aller Oberbegriffe der Überschrift einer bestimmten Klasse der Nizzaer Klassifikation könne der Anmelder einer nationalen Marke klarstellen, dass sich seine Anmeldung auf alle in der alphabetischen Liste der betreffenden Klasse aufgeführten Waren oder Dienstleistungen bezieht (Nr. 64), mit den oben genannten Aussagen zu der Notwendigkeit der klaren und eindeutigen Formulierung der Verzeichnisse gerade im Hinblick auf die anderen Wirtschaftsteilnehmer in Einklang zu bringen ist, bedarf noch der Prüfung.
Die Präsidentin des Deutschen Patent- und Markenamts

Rudloff-Schäffer

9520/1 – 3.3.6 – Bd. I / 4

Quelle: DPMA

Das HABM hat inzwischen ein Formular zur Erklärung in Bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen veröffentlicht.

Angesichts des Urteils des Gerichts in der Rechtssache C-307/10 – “IP Translator”, müssen Anmelder von Gemeinschaftsmarken, die beabsichtigen, dass die Klassenüberschrift der jeweiligen Klasse(n) alle in der alphabetischen Liste genannten Waren und Dienstleistungen beinhalten, die beigefügte Erklärung im PDF Format

Wurde diese Erklärung bei Einreichung der online Anmeldung nicht beigefügt, geht das Amt davon aus, dass Schutz nur für die in der Klassenüberschrift enthaltenen allgemeinen Angaben im wortwörtlichen Sinne beansprucht wird.

Urteil in der Rechtssache C-307/10
Chartered Institute of Patent Attorneys / Registrar of Trade Marks

Der Gerichtshof konkretisiert die Anforderungen an die Angabe der Waren und Dienstleistungen, für die Markenschutz beantragt wird
Diese Waren oder Dienstleistungen müssen vom Anmelder so klar und eindeutig angegeben werden, dass die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer allein auf dieser Grundlage den Umfang des Markenschutzes erkennen können
Die beiden wesentlichen Bestandteile der Eintragung einer Marke sind zum einen das Zeichen und zum anderen die Waren und Dienstleistungen, die dieses Zeichen bezeichnen soll. Zusammen genommen ermöglichen es diese Bestandteile, den genauen Gegenstand und den Umfang des Schutzes zu bestimmen, den die eingetragene Marke ihrem Inhaber gewährt.
Nachdem der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung1 schon die Voraussetzungen benannt hat, die ein Zeichen erfüllen muss, damit es eine Marke sein kann, befasst er sich in der vorliegenden Rechtssache mit den Anforderungen an die Angabe der Waren oder Dienstleistungen, für die Markenschutz beantragt wird. Diese Frage ist zu einem Zeitpunkt, da sich die Praxis der nationalen Markenämter und des HABM (Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt) auseinanderentwickelt, was zu unterschiedlichen, den mit der europäischen Markenrichtlinie verfolgten Zielen zuwiderlaufenden Voraussetzungen für die Eintragung führt, von besonderer Bedeutung2.

Auf internationaler Ebene ist das Markenrecht durch die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums3 geregelt. Diese Verbandsübereinkunft diente als Grundlage für die Annahme des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken4. Seit dem 1. Januar 2002 sieht die Nizzaer Klassifikation eine Klasseneinteilung in 34 Warenklassen und 11 Dienstleistungsklassen vor. Jede Klasse ist mit einem oder mehreren für gewöhnlich „Klassenüberschrift“ genannten Oberbegriffen bezeichnet, die allgemein die Bereiche angeben, zu denen die Waren oder Dienstleistungen dieser Klasse grundsätzlich gehören. Die alphabetische Liste der Waren und Dienstleistungen umfasst etwa 12 000 Eintragungen.
Am 16. Oktober 2009 meldete das Chartered Institute of Patent Attorneys (CIPA) die Bezeichnung „IP TRANSLATOR“ als nationale Marke an. Zur Angabe der von dieser Anmeldung erfassten Dienstleistungen verwendete das CIPA die Oberbegriffe der Überschrift einer Klasse der Nizzaer Klassifikation, nämlich „Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten“.

Mit Entscheidung vom 12. Februar 2010 wies der Registrar of Trade Marks (Markenamt des Vereinigten Königreichs) diese Anmeldung gestützt auf nationale Vorschriften zur Umsetzung der Markenrichtlinie zurück. Der Registrar legte die Anmeldung nämlich im Einklang mit einer Mitteilung des HABM5 im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aus. Er kam zu dem Ergebnis, dass sie nicht nur die Dienstleistungen der vom CIPA genannten Art, sondern auch alle anderen Dienstleistungen dieser Klasse der Nizzaer Klassifikation einschließlich Übersetzungsdienstleistungen erfasse. Daher fehle es der Bezeichnung „IP TRANSLATOR“ für die letztgenannten Dienstleistungen an Unterscheidungskraft, und sie sei beschreibend. Außerdem gebe es keinen Beweis dafür, dass das Wortzeichen „IP TRANSLATOR“ vor dem Zeitpunkt der Anmeldung infolge seiner Benutzung Unterscheidungskraft für Übersetzungsdienstleistungen erworben habe. Das CIPA habe auch nicht beantragt, solche Dienstleistungen von seiner Markenanmeldung auszunehmen.
Das CIPA legte gegen diese Entscheidung Rechtsmittel ein und trug vor, dass Übersetzungsdienstleistungen in seiner Anmeldung nicht erwähnt und daher von ihr nicht erfasst würden. Deshalb seien die Einwände des Registrar gegen die Eintragung unzutreffend, und die Anmeldung des CIPA sei zu Unrecht zurückgewiesen worden.
Der mit dem Rechtsstreit befasste High Court of Justice (Vereinigtes Königreich) befragt den Gerichtshof zu den Erfordernissen der Klarheit und der Eindeutigkeit für die Angabe der Waren oder Dienstleistungen, für die Markenschutz beantragt wird, und über die Möglichkeit, zu diesem Zweck Oberbegriffe der Klassenüberschriften der Nizzaer Klassifikation zu verwenden.

Mit seinem Urteil von heute betont der Gerichtshof erstens, dass die Markenrichtlinie dahin auszulegen ist, dass die Waren oder Dienstleistungen, für die Markenschutz beantragt wird, vom Anmelder so klar und eindeutig anzugeben sind, dass die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer allein auf dieser Grundlage den Umfang des Markenschutzes bestimmen können.
Denn zum einen müssen die zuständigen Behörden hinreichend klar und eindeutig die von einer Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen erkennen können, damit sie in der Lage sind, ihren Verpflichtungen in Bezug auf die Vorprüfung der Markenanmeldungen sowie auf die Veröffentlichung und den Fortbestand eines zweckdienlichen und genauen Markenregisters nachzukommen. Zum anderen müssen die Wirtschaftsteilnehmer in der Lage sein, klar und eindeutig in Erfahrung zu bringen, welche Eintragungen oder Anmeldungen ihre gegenwärtigen oder potenziellen Wettbewerber veranlasst haben, und auf diese Weise einschlägige Informationen über die Rechte Dritter zu erlangen.

Zweitens entscheidet der Gerichtshof, dass die Richtlinie der Verwendung der Oberbegriffe, die in den Klassenüberschriften der Nizzaer Klassifikation enthalten sind, zur Angabe der Waren und Dienstleistungen, für die Markenschutz beantragt wird, nicht entgegensteht. Eine solche Angabe muss jedoch so klar und eindeutig sein, dass die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer den beantragten Schutzumfang bestimmen können. In diesem Zusammenhang stellt der Gerichtshof fest, dass einige der Oberbegriffe in den Klassenüberschriften der Nizzaer Klassifikation für sich gesehen hinreichend klar und eindeutig sind, während andere zu allgemein formuliert sind und zu unterschiedliche Waren oder Dienstleistungen abdecken, als dass sie mit der Herkunftsfunktion der Marke vereinbar wären. Daher ist es Sache der zuständigen Behörden, im Einzelfall nach Maßgabe der Waren oder Dienstleistungen, für die der Anmelder den Markenschutz beantragt, zu beurteilen, ob diese Angaben den Erfordernissen der Klarheit und der Eindeutigkeit genügen.
Schließlich stellt der Gerichtshof klar, dass der Anmelder einer nationalen Marke, der zur Angabe der Waren oder Dienstleistungen, für die Markenschutz beantragt wird, alle Oberbegriffe der Überschrift einer bestimmten Klasse der Nizzaer Klassifikation verwendet, klarstellen muss, ob sich seine Anmeldung auf alle oder nur auf einige der in der alphabetischen Liste dieser Klasse aufgeführten Waren oder Dienstleistungen bezieht. Falls sie sich nur auf einige Waren oder Dienstleistungen beziehen soll, hat der Anmelder anzugeben, welche Waren oder Dienstleistungen dieser Klasse beansprucht werden.

Deshalb ist es Sache des vorlegenden Gerichts, festzustellen, ob das CIPA, als es alle Oberbegriffe der Überschrift einer Klasse der Nizzaer Klassifikation verwendet hat, in seiner Anmeldung klargestellt hat, ob mit ihr alle Dienstleistungen dieser Klasse erfasst und ob mit ihr insbesondere Übersetzungsdienstleistungen beansprucht werden.

Quelle: Pressemitteilung Gerichtshof der Europäischen Union

Quelle: DPMA Jahresbericht 2011